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Kampf um Anerkennung als ImpfschadenNach Corona-Impfung: Schülerin kann keine 100 Meter mehr gehen

Für Laura R. (Name geändert) spielt Sport eine große Rolle in ihrem Leben: Sechsmal in der Woche ist die Schülerin aus dem Landkreis Peine beim Volleyball oder geht reiten. Im Juli 2021 ist es damit vorbei. Sie lässt sich gegen Corona impfen. Danach ist nichts mehr wie vorher: Sie hat Atemnot, kann sich nicht mehr konzentrieren, ist nicht mehr belastbar. Ihre Mutter führt die Probleme auf die Impfung zurück und kämpft seit mehr als zwei Jahren um eine Diagnose, eine Behandlung und um Anerkennung.

Am 18. Juli 2021 lässt sich die damals 17-jährige Laura R. im Impfzentrum in Peine das erste Mal gegen Corona impfen. „Am nächsten Tag hatte sie Fieber. Aber das haben wir für eine ganz normale Impfreaktion gehalten“, berichtet ihre Mutter Sandra R. Ein paar Tage später wurde es dann richtig schlimm: „Sie hatte Atemnot und ist sogar blau angelaufen. Dann ist sie beim Abendessen mitten im Satz kollabiert.“ Laura R. geht zu ihrem Hausarzt. Er kann einen Zusammenhang mit der Impfung nicht gänzlich ausschließen und weist die Schülerin mit Verdacht auf eine Herzmuskelentzündung ins Krankenhaus ein.

„Dort haben sie meine Tochter auf den Kopf gestellt und geschaut, ob sie vielleicht einen Tumor, einen Schlaganfall oder Multiple Sklerose hat. Gefunden haben sie nichts“, erzählt Sandra R. Entlassen wird sie mit einer Packung Magentabletten und dem Hinweis, dass sie psychische Probleme habe – die Corona-Pandemie sei ja auch für Jugendliche sehr anstrengend gewesen. „Wir wurden im Krankenhaus mit den Symptomen überhaupt nicht ernst genommen. Früher war Laura total sportlich, jetzt kann sie keine 100 Meter mehr gehen. Das ist doch kein psychisches Problem“, macht Lauras Mutter deutlich.

Laura R.s Fall wird als Impfschaden gemeldet

Ein anschließendes Blutbild beim Hausarzt zeigt: Die Werte sind sehr schlecht. Laura R. muss erneut in die Klinik – dieses Mal in das Kinderkrankenhaus auf der Bult. Dort bekommt sie Thrombosemittel, die sie auch heute noch ab und zu nehmen muss. An ihrem schlechten Allgemeinzustand ändert das jedoch kaum etwas. Allerdings: Das Kinderkrankenhaus meldet den Fall als Impfschaden an das Paul-Ehrlich-Institut. „Bei der Entlassung wurde uns geraten, uns an eine Long-Covid-Ambulanz zu wenden“, sagt Sandra R. Denn: Post-Vac-Ambulanzen, also Einrichtungen, die Menschen mit einem Corona-Impfschaden behandeln, gebe es in Deutschland nicht.

Kampf um eine Anerkennung der Diagnose

Nach einiger Zeit steht auch endlich eine Diagnose fest: Laura R. leidet unter ME/CFS (Myalgische Enzephalomyelitis/das Chronisches Fatigue-Syndrom), einer schweren neuroimmunologischen Erkrankung. „Obwohl es zahlreiche Betroffene gibt, ist sie noch nicht als schwere, körperliche Erkrankung anerkannt. Leider wird sie auch immer noch kaum erforscht“, erläutert Sandra R. das Problem. Für die 51-Jährige heißt das: Sie muss an jeder Stelle um Anerkennung der Diagnose kämpfen. Mittlerweile hat sie es geschafft, dass ihrer Tochter der Pflegegrad 2 zuerkannt wurde. Doch auf die Anerkennung als Impfschaden wartet sie noch immer. Sie stellt zwar einen Antrag beim Niedersächsischen Landesamt für Soziales, Jugend und Familie, doch dieser wird abgelehnt.

Für den SoVD ist klar: Die Politik muss mehr für Betroffene tun

Hilfesuchend wendet sie sich an den Rechtsanwalt Arndt Michelmann vom SoVD-Beratungszentrum in Peine. Allerdings sind dem Juristen die Hände gebunden. „Die Gesetzeslage gibt es leider noch nicht her, dass hier ein Impfschaden anerkannt werden kann – obwohl eine eindeutige Diagnose durch den Hausarzt, die Medizinische Hochschule Hannover und die Reha-Klinik vorliegt. Deshalb versuchen wir, das Verfahren beim Landesamt ruhend zu stellen, bis es entsprechende Forschungsergebnisse gibt“, so der Leiter des Beratungszentrums. „Für uns heißt das: Wir als Sozialverband müssen noch mehr Druck machen, denn es gibt viele Betroffene. Ihnen kann aber nur geholfen werden, wenn die Politik sich endlich bewegt“, ergänzt Dirk Swinke, Vorstandsvorsitzender des SoVD in Niedersachsen. Auch Sandra R. ist an die Politik herangetreten. Es gab einige Gespräche mit Politiker*innen auf Bundes- und Landesebene, weitere stehen an. „Die Probleme und Diagnosen müssen endlich ernst genommen werden. Wir werden unseren Teil tun, um die Betroffenen zu unterstützen“, betont Swinke. Bis dahin heißt es für Familie R. abwarten und weiterkämpfen.